Warum wir (k)eine Wahl haben


Eine Gestaltungsethik
SS 2023

Projektbetreuung

Prof. Mark Braun


Studiengänge

Produktdesign


Richtung

Möbel- und Ausstattungsdesign


Projekt Art

Diplom

Jorge Daniel Silva Friedrich: Warum wir (k)eine Wahl haben - Eine Gestaltungsethik, Diplom Produktdesign, 2023, n.a.r.p. Chair

Was bedeutet gestalterische Ethik und welche Form kann diese in konkreter Gestaltung annehmen? In Warum wir (k)eine Wahl haben wurde eine gestalterische Ethik entwickelt, die es Gestaltenden ermöglichen soll, sich mit der ethischen Dimension von Gestaltung auseinanderzusetzen und konkrete Entscheidungsansätze zu entwickeln, die von der gestalterischen Arbeit betroffen sind. Der Ansatz der entwickelten Thesen richtet sich hierbei vor allem auf Gestaltende auf der professionellen Ebene, da Gestaltung immer auch Einfluss auf die Lebenswirklichkeit Anderer und der uns umgebenden Welt hat.

Wie die ethische Auseinandersetzung in der konkreten Produktgestaltung aussehen könnte, beleuchtet hierbei der not another recycled plastic (n.a.r.p.) Chair, ein Schreibtisch- bzw. Bürostuhl, der in erster Linie anhand der kritischen Auseinandersetzung mit ethischen Gestaltungsfragen entstanden ist. Wie könnte zukunftsgerechte Gestaltung aussehen und inwiefern sind die derzeitigen Systeme problematisch, in welchen Produktgestaltung derzeit stattfindet, waren nur einige Leitfragen, die den Entwurfsprozess begleitet haben. Vieles gilt heute per se als nachhaltig ohne einen kontextuellen Zusammenhang herzustellen oder die verschiedenen Dimensionen kritisch zu beleuchten, welche mit der Gestaltung von Produkten einhergehen. Recyceltes Plastik, Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft (FSC & PEFC), Biobaumwolle – jedes dieser Ausgangsmaterialien gilt als nachhaltig oder nachhaltiger als das konventionelle Äquivalent. Geht man über die reine Materialität hinaus, können sich diese Einschätzungen schnell ändern und stellen die grundsätzlichen Ideen von zukunftsgerechter bzw. nachhaltiger Gestaltung in Frage.

Der n.a.r.p. Chair ist der Versuch, eine ganzheitliche und systemische Perspektive auf Produktgestaltung zu werfen. Er ist vor allem als Experiment und Test zu sehen, da viele Aspekte in der konkreten Umsetzung noch nicht ausgereift sind. Er ist modular und reparierbar aufgebaut und fast vollständig mit nur einem Werkzeug (de)montierbar. Das Hauptmaterial ist unspezifisches Gussaluminium, welches in der Regel das Ende der Recycling-Kette erreicht hat, da es für die meisten Anwendungen nicht mehr verwendet werden kann. Mit dem n.a.r.p. Chair kann dieses Material in einen eigenen Kreislauf überführt werden und endet so nicht am Ende der Kette. Darüber hinaus sind alle Kunststoffteile einfach auszutauschen und sogar 3D-druckfähig. So wäre eine Reparatur für den Nutzenden selbst dann noch möglich, wenn die Ersatzteile bereits nicht mehr verfügbar sind. Die Funktionen sind durch die markanten Farbakzente direkt ersichtlich und verständlich in die Gestaltung integriert. Die Sitzfläche und Rückenlehne aus formschichtverleimtem Holz eröffnet noch Potentiale zur Optimierung. Die Funktionen sind simpel gelöst und sollen so durch weniger Materialeinsatz ressourcenschonender umgesetzt werden. So hängt die endgültige Gestaltung auch von den Nutzenden ab, die den Stuhl jederzeit bis zu einem gewissen Grad an ihre Bedürfnisse anpassen können.

Text: Jorge Daniel Silva Friedrich
Redaktion: Rita Eschle